Gemäß den Erklärungen der Chinesischen Medizin basiert das Konzept der Akupunktur auf der Lebensenergie „Qi“. Der Begriff wird in der Chinesischen Medizin verwendet, um eine aktive, sich manifestierende und gerichtete Lebensenergie zu beschreiben. Eine Stagnation des Qi führt zu Blockaden im Energiefluss und bildet somit die Grundlage für die Entstehung von Krankheiten. Das Qi und das damit verbundene Gefühl des „De-Qi“ (eine leichte Elektrisierung am Akupunkturpunkt) sind daher der eigentliche Kern der Akupunktur. Durch die Aktivierung bestimmter Meridiane und Akupunkturpunkte kann das Qi wieder ins Gleichgewicht gebracht werden.

Eine neurophysiologische Darlegung zur Wirkungsweise der Akupunktur wird durch den renommierten Neurophysiologen Bruce Pomeranz auf drei Hierarchieebenen erörtert:
1. Nach Setzen der Akupunkturnadeln erfolgt auf Rückenmarksebene eine segmentale Hemmung der Schmerzreize. Diese werden durch Reize der Akupunkturnadeln zu den Muskelspindeln vom Typ I und II ausgelöst.
2. Es folgt eine absteigende Hemmung der Neurone im Hinterhorn des Rückenmarks über Nervenreize vom Mittelhirn, periaquäduktalen Grau und Raphekern. Beteiligte Transmitter sind hierbei Serotonin und Noradrenalin, während im periaquäduktalen Grau und den Raphekernen die Transmitter Enkephalin und Dynorphin beteiligt sind.
3. Es kommt zu einer Wirkung auf den Hypothalamus mit Ausschüttung von ACTH und Endorphinen (ß-Endorphine).
Daher spielen sämtliche drei Endorphinarten (Enkephalin, ß-Endorphin und Dynorphin) eine maßgebliche Rolle in der analgetischen Wirkung der Akupunktur. Zwei Monoamine (Serotonin und Noradrenalin) sind ebenfalls involviert. Die Akupunktur aktiviert gemäß Stux et al. dünne, myelinisierte Nervenfasern im Muskel, welche Impulse zum Rückenmark leiten. Dadurch werden drei kooperierende Zentren in der Analgesie aktiviert: das Rückenmark, das Mittelhirn und die Hypothalamus-Hypophysenachse.
Die beigefügte Abbildung verdeutlicht den Verlauf der Schmerzreizleitung im Vergleich zur Weiterleitung eines Akupunkturnadelreizes. Ein Schmerzreiz der Haut aktiviert die Rezeptoren afferenter Hautnervenfasern (Zelle 1). Zelle 1 bildet eine Synapse mit Zelle 2 des Tractus spinothalamicus (TST). Der TST sendet sein Axon zum Thalamus, wo es eine Synapse mit Zelle 3 bildet, die Zelle 4 (Cortex) aktiviert.
Im Gegensatz dazu stimuliert die Akupunkturnadel einen sensorischen Rezeptor im Muskel. Dieser leitet Impulse zum Rückenmark (Zelle 5). Im Rückenmark erfolgt eine Synapse von Zelle 5 auf Zelle 6 des Tractus anterolateralis (TAL), die die Informationen zum Mittelhirn, Rückenmark und zur hypothalamisch-hypophysären Funktionseinheit weiterleitet.
Die Rückenmarkendorphine bewirken die präsynaptische Hemmung von Zelle 1 und blockieren somit die Weitergabe der Schmerzimpulse von 1 auf 2.

1: Haut, 2: Tractus spinothalamicus (TST), 3: Thalamus, 4: Cortex, 5: Afferente Bahnen, 6: Tractus anterolateralis (TAL), 7: Rückenmark, 8: Periaquäduktales Grau, 9: Raphekern, 10: Hypothalamus, 11: Hypophyse
Quelle: ZeitOnline (2000) Lexikon der Neurowissenschaft. Akupunktur. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg
Alle Texte © Akupunktur Oldenburg – Praxis Dr. med. Erika Urban